Seine Mutter wollte einen Arzt aus ihm machen. Doch William Sharpe konnte den Anblick von Blut nicht ertragen. Da eine gute Bildung in seiner Familie Tradition hatte, beschloss er, eine andere Art von Doktor zu werden. Damit wurde er zu einer führenden Kapazit?t auf einem wissenschaftlichen Gebiet, das er selbst entwickelt hatte: der Finanz?konomie.

Zusammen mit seinen Nobelkollegen Harry Markowitz?und Merton Miller?gilt Sharpe als Meister der Kapitalanlage. Er entwickelte das Capital Asset Pricing Model (CAPM), die erste Theorie, die erkl?rte, warum Wertpapiere gerade zu diesem Preis gehandelt werden und wie sich Preise oder Renditen voneinander unterscheiden. Als leidenschaftlicher Programmierer, der sich sein Wissen auf diesem Gebiet selbst beigebracht hat, entwickelte er zudem analytische Instrumente, die die Finanzm?rkte radikal ver?ndert haben.

William F. Sharpe

William F. Sharpe

Alfred-Nobel-Ged?chtnispreis für Wirtschaftswissenschaften, 1990

Auf einen Blick

Geboren: 1934, Boston, Massachusetts, USA

Fachgebiet: Finanz?konomie

Ausgezeichnetes Werk: Die allgemeine Theorie der Preisbildung von Finanzwerten, ein bahnbrechender Beitrag zum Gebiet der Finanz?konomie

Frühere berufliche T?tigkeiten: Hochzeits- und Sportfotograf, Hilfskraft an einer Tankstelle

Phobien: Blut

Leidenschaften: Segeln, Oper, Hunde, Programmieren, Klavierspielen

Capital Asset Pricing Model

Sharpe hat sich aber nicht nur als Koryph?e in der Finanzwelt einen Namen gemacht. Er arbeitete auch daran, die ?konomie in den Dienst aller Bereiche der Gesellschaft zu stellen, wobei es ihm vor allem um weniger privilegierte Menschen ging.

Wenn sich der Durchschnittsbürger wundert, warum Milch teurer ist als Butter oder warum der Milchpreis steigt, aber der Preis für Butter gleichbleibt, k?nnten Sie ihm sagen, dass das vom Marktpreis von Fisch abh?ngt. Sharpe analysierte und bewies, wie sich eine Ver?nderung an einem Markt auf die Preise an einem anderen auswirkt. Dies wurde zur Grundlage des CAPM und des Single-Index-Modells und war 1961 bahnbrechend.

Werden unsere Finanzm?rkte durch eine Theorie definiert?

Das CAPM ist nicht einfach ein Modell, das in Lebensmittelgesch?ften angewandt werden kann. Es tr?gt zur Analyse der Finanzm?rkte bei und ist der Grund, warum das Nobelpreiskomitee die Arbeit von Sharpe als ?Rückgrat der Finanz?konomie bezeichnete.?

?Im Gleichgewicht gibt es eine Reihe von Portfolios, die effizient sind und besser funktionieren als andere?, erkl?rt Sharpe. ?Diese Portfolios weisen in der Regel eine Kombination aus dem auf, was wir heute als Marktportfolio bezeichnen. Ein breites Portfolio, das im Prinzip alle verfügbaren Wertpapiere im Verh?ltnis zu ihren Marktwerten umfasst.?

?Am besten ist es, wenn man sein Geld teilweise oder vollst?ndig in dieses Portfolio investiert und den Rest oder nichts in sicheren Anlagen, wie Staatsanleihen, Schatzwechseln und/oder inflationsgeschützten Staatsanleihen anlegt?, f?hrt er fort. ?Wenn man wirklich ein Risiko eingehen m?chte, um eine h?here erwartete Rendite zu erzielen, k?nnte man sich sogar Geld leihen und alles in dieses Marktportfolio investieren. Das Verh?ltnis zwischen der erwarteten Rendite und dem Risiko wird in etwa linear sein. Wenn man also eine h?here erwartete Rendite erzielen will, muss man ein gr?sseres Risiko eingehen.?

Was ist die Theorie, die unser Finanzsystem definiert?

?Nach Harry Markowitz hat William Sharpe die erste Theorie dafür entwickelt, warum Wertpapiere genau den Preis haben, den sie haben, und diese Theorie dann sp?ter in ein allgemeines Gleichgewicht überführt?, erl?utert Martin Gruber, ein Professor an der Stern School of Business der New York University. ?Es ist die erste Theorie, die erkl?rt, warum und wie sich die Preise oder Renditen von Wertpapieren voneinander unterscheiden. Es hat die Art, wie die Branche arbeitet, komplett umgekrempelt.?

Warum Sharpes Arbeit eine Revolution war

Kann uns Software dabei helfen, Altersarmut zu vermeiden?

Als Nobelpreistr?ger h?rt er m?glicherweise ?fter solche Lobeshymnen. Doch das h?lt ihn nicht davon ab, weiterhin hart zu arbeiten. In seinem Büro zuhause, mit seinem kleinen Piano und zahlreichen Gem?lden seiner geliebten Hunde, strebt der Pension?r nach wie vor nach neuen H?hen. Heute ist er ein Ass im Programmieren. Und auch wenn sich sein Instrumentarium m?glicherweise nicht ver?ndert hat, geht er heute ganz anderen Themen nach.

Wie verhindert man Armut im Alter?

Sharpe arbeitete knapp zwei Jahre lang an Strategien zur Erzielung von Einkommen im Ruhestand. Dabei berücksichtigte er Tausende m?glicher Zukunftsszenarien, Marktinformationen, Marktgleichgewichte und andere Umst?nde, um unterschiedliche Optionen für die finanzielle Sicherheit von Menschen im Alter zu beurteilen. Natürlich ist diese Strategie auch mit einem von ihm programmierten Softwarepaket verbunden.

?Viele Menschen legen ihre Ersparnisse für die Altersvorsorge in Instrumenten an, die riskanter sind als sie glauben?, warnt er. ?Sie kosten mehr, weil Versicherungsunternehmen und Investmentmanager h?here Gebühren verlangen, als n?tig w?re.?

Wie k?nnen wir dafür sorgen, dass die Finanzm?rkte allen nützen?

Für Sharpe ist diese Art von Arbeit nichts Neues. Vor vielen Jahre zog er sich aus dem Wissenschaftsbetrieb zurück, um als Berater im Privatsektor zu arbeiten. Als Gründer von William Sharpe Associates konnte er seine Forschungsarbeit wirksamer mit den Problemen der realen Welt verknüpfen. Dies erm?glichte es ihm auch, Menschen, die vom Glück weniger begünstigt sind, oder mit der Verwaltung eines Pensions- oder Stiftungsfonds betraut wurden, besser zu beraten.

Wie k?nnen wir Verantwortung für einfache Menschen übernehmen

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?Mir liegen vor allem Menschen mit mittleren oder niedrigen Einkommen am Herzen?, erkl?rt er. ?Obwohl Menschen mit geringerem Einkommen natürlich nicht viel Geld haben, das sie investieren k?nnen.?

?Viele dieser neuen Wertpapiere sind vor allem bei Menschen beliebt, die gerne Wetten eingehen. Wenn es darum geht, das Leben von Menschen zu verbessern und einfachen Anlegern beim Verm?gensaufbau zu helfen, sind viele dieser Instrumente meiner Meinung nach überflüssig, wenn nicht gar gef?hrlich.?

Wie k?nnen wir unsere zukünftigen Altersvorsorgepl?ne gestalten?

An zukünftige Generationen zu denken, hat für Sharpe oberste Priorit?t. Er ist nicht der Ansicht, dass das aktuelle Rentensystem auf ewig funktionieren wird.

Wie junge Menschen für den Ruhestand vorsorgen müssen

?Wenn man einfach sagt, sie müssen l?nger arbeiten und mehr sparen, macht man es sich zu leicht?, meint er. Finanzielle Bildung ist seiner Meinung nach ein wichtiger Schritt für jüngere Menschen, vor allem, wenn es um die Planung für den Ruhestand geht. ?Wir müssen unbedingt etwas für die Bildung tun. Am besten auf vielen Ebenen, damit die Menschen die Grundlagen begreifen. Das muss mehr sein als die üblichen Dinge, auf die Konsumenten hingewiesen werden, wie ?Achten Sie auf die Kreditkartengebühren? oder dergleichen.?

Eine einfache Ver?nderung in der Bildung kann seiner Meinung nach zu einem besseren Verst?ndnis allt?glicher Probleme führen.

In den Sommermonaten bringt Sharpe Kindern bei, wie sie mit einer Computersprache namens Scratch selbst programmieren k?nnen. ?Das ist eine wunderbare Sprache für kreatives Denken und Lernen. Auf diese Weise wird logisches Denken für diese Kinder zur Gewohnheit?, berichtet er. ?Ich unterrichte das zum Teil einfach, um zu sehen, ob es sinnvoll ist, zu argumentieren, dass dies getan werden sollte. Und nachdem ich das jetzt seit vier Jahren betreibe, bin ich überzeugter als je zuvor, dass es m?glich ist, das zu lehren. Es sollte einfach gelehrt werden.?

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Anteil der Bev?lkerung ab 60 Jahren, von 2015 bis 2050 (Global AgeWatch Index 2015)

Als leidenschaftlicher Segler weiss er, dass es nicht darauf ankommt, wie der Wind weht, sondern wie man die Segel setzt. Der Nobelpreistr?ger verurteilt den Aufstieg rechtsgerichteter Parteien in westlichen Gesellschaften, vor allem in solchen, die von Ungleichheit gepr?gt sind, aufs Sch?rfste. Stattdessen sei es seiner Meinung nach an der Zeit, Einwanderung als echte L?sung mit einer intelligenten Einwanderungspolitik in die richtigen Bahnen zu lenken.

Wir brauchen den Zustrom junger Menschen, damit die Wirtschaft funktionieren und produktiv sein kann, um all die alten Menschen zu unterstützen.

Nach einem vierstündigen Gespr?ch ist Sharpe immer noch nicht müde. Im Gegenteil, nach der Verabschiedung scheint er so richtig aufzuwachen, weil er endlich an seine Arbeit zurückkehren kann. Es scheint, als würde er dieses unstillbare Verlangen immer haben.

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